Mittwoch, 19. Mai 2010

Knit'n'Buy-Orgie in Santa Monica

Ja, der America Dream gilt auch fues Stricken. Waehrend ich in Suedamerika diesbezueglich ja ziemlich ueberrascht wurde (viele Strickerinnen, aber auch viel Acryl, siehe Blogs weiter unten) bin ich heute schon in Santa Monica auf meine Rechnung gekommen. Allerdings darf ich so nicht weitermachen, sonst wird die Reise dann ploetzlich elend kurz... Ich habe mir einen Strick-Shop-Fix gegoennt, ueber dessen genaue Zahlen ich mich sogar gegenueber dem Herzkaefer hartnaeckig ausschweige. Gut, euch Damen wuerde ich es vielleicht verraten, ich rechne mit mehr Verstaendnis :) Aber gut. Es war so, dass ich am Pier von Santa Monica auf der Touristeninfo aufs Geratewohl nach einem Strickshop gefragt habe. Man hat mich 14 Blocks nordwaerts geschickt, aber da koenne ich nicht hinlaufen, also sie selber koenne nicht 14 Blocks weit laufen. (Ok, hier laeuft man auch nicht, dafuer gibts viel zu coole Schlitten. Aber die Meile war ziemlich locker zu bewaeltigen.) Dann kam ich an, im Paradies von Sta. Monica: im Wildfiber. Auf etwa der doppelten bis vierfachen Flaeche der Strickgeschaefte, die ich aus der Schweiz kenne, werden hier Magazine angeboten (Interweave vor allem, aber auch australische, die ich in Australien nie fand), Buecher, Hilfmittel (wie hoelzerne Zopfnadeln, grad fuer Vielfliegerinnen praktisch), Stricktaschen von Amy Butler (ich konnte mich nur mit Muehe zurueckhalten) und Garn, Garn, Garn. Gekauft habe ich (Achtung): diverse Kleinigkeiten von Clover, Rosenholznadeln (noch nie probiert), Noro-Sockengarn, zwei Baellchen hand gefaerbtes Seiden-Mohair-Lacegarn von Kasrui, genug Pure Silk von Debbie Bliss (ja! Debbie Bliss!!) fuer ein neues Frenchy Camisole von Katie Himmelberg, das ich ja schon mal gemacht habe (siehe Sidebar); ehm, dann noch zwei Straenge feinste Merinowolle von Koigu, ein Projekttaeschen und zwei Magazine. *Raeusper* Und demnaechst fuege ich a) ein Foto hinzu von meinen neuen Schaetzen und schreibe b) ueber meine selbstdesignte Weste aus Schafwolle aus Otavalo/Ecuador, die immer brav fortschreitet.

Sonntag, 16. Mai 2010

Weben Inkastyle, Details







Ich übe und übe, aber zurzeit beschäftige ich mich vor allem damit, das aufzutrennen, was ich verbockt habe... Ich habe grosse Mühe, die improvisierte Webschrift zu lesen bzw. richtig zu interpretieren. Aber da ich jetzt weiss, wie die Fehler rückgängig gemacht werden können (sofern sie nicht viele Reihen zurückliegen, aber soweit komme ich gar nie, haha), beginne ich das System mehr und mehr zu verstehen. Ein Trost ist, dass ich einen Unigurt, den man dann beispielsweise nach meinen peruanischen Vorbildern besticken könnte, oder etwas mit einfachen Längsstreifen weben könnte. Nur das Set-Up des Rahmens bzw. der Einrichtung ist nicht ganz einfach, und ich kanns nicht ausprobieren, solange ich an diesem Projekt weitermache. Aber ich habe mich online schon mal nach Büchern umgeschaut, und in einer Kombination von Erinnerung und Anleitung wird es dann schon gehen.

Zum Prinzip: Ich bin keine Weberin, aber ich versuche einfach mal zu beschreiben, was man macht. Eine gewünschte Länge Kettfäden wird abgemessen. Für ihre Gurte haben die Frauen etwa 1,5 Meter dabei, würde ich schätzen. Dann werden diese Fäden insgesamt verknüpft, und das verknotete Ende wird an einem festen Gegenstand eingehängt oder angebunden - an einem Zaunpfahl etwa, oder an einem sehr schweren Möbel, irgendwo, wo es Spannung verträgt. Das andere Ende wird in eine Schnur eingeschlauft, und die Schnur wird um den Bauch gebunden. Dann setzt man sich so hin, dass die Fäden gespannt sind. Die obere Hälfte der Fäden wird mit einer Schlaufe zusätzlich separiert, das ist nachher beim Weben wichtig. Dann werden die Kettfäden verkreuzt und dann, je nach Muster, einzeln (Rand- und Grundfarben) bzw. zu zwei (Kontrastfarben) aufgefädelt. Dazu knotet man eine Schlaufe aus starkem Garn (die Frauen verwenden faserfreie Kunstfaser) um den Zeigefinger und fügt dann pro Faden oder Fadenpaar eine weitere Schlaufe dazu (ok, das liest sich jetzt ziemlich abgedreht). Schliesslich fängt man mit dem gleichen Faden alle Schlaufen auf und bindet sie an den kleinen Stecken. Das ist quasi der obere Teil des (nichtvorhandenen) Rahmens, wenn man so will.Nun wird mit dem Schuss ein Anfangsstück gewoben, aber noch nicht im Muster, mehr so im Schachbrett, ich nehme an, dass muss sein, damit die Fäden fest verwoben werden. Tja, und dann fängt man ganz einfach mit dem Muster an, haha. Beim Weben wird (logisch) der Schuss im Muster durchgeführt, danach drückt das vorbereitete Brettchen die Reihe fest, und das Zweite Brettchen wird überkreuz eingeführt. Dazu kommen zwei Handgriffe zur Verwendung, einmal werden die Kettfäden mit viel Zug nach oben und unten geteilt, das andere Mal drückt man die geteilten Kettfäden nach unten und zieht den Stecken nach oben. So entstehen Lücken, in die das zweite Brettchen geklemmt werden. Das untere Brettchen wird entfernt, die Fäden bleiben auf der Hand,  und der Schuss kommt wieder zum Einsatz. Ich versuche, Detailbilder nachzuliefern.
Wir sehen in den Bildern bisher, von oben nach unten: die separierten Kettfäden,die Überkreuzung, in die das zweite Brett gesteckt wird, und das Brett (rechts), das soeben eineReihe fixiert hat.Und demnächst auf diesem Kanal: Stricken in den USA!! (Das dürfte vieeeeel Blogfutter geben.)

Samstag, 15. Mai 2010

Vom Traum zum Albtraum, haha

Ein kurzes Intermezzo, dass nur in der nichtstofflichen Welt mit Stricken zu tun hat - ich war in Galapagos!! Das war der echte, absolute Traum. Die Tiere kennen kaum Scheu vor den Menschen, die Seeloewen spielen mit einem beim Schnorcheln, ihre Welpen rennen dir am Strand zum Spielen nach... Auch die Voegel machen keinen Wank, wenn man mit der Kamera auf sie zurobbt! (Wer mehr sehen und wissen moechte, kann mich ueber mein Profil kontaktieren, dann gebe ich dir Zugriff auf mein Facebook-Fotoalbum!)

Entsprechend wenig kam ich zum Stricken. Das lag aber an noch was anderem. Ich mag den halbfertigen Baktus einfach nicht, und ich hatte nur den dabei. Ich werde ihn wieder aufloesen und aus der Wolle etwas Anderes machen. Aber das hat Zeit. Denn ich habe ueber einen Seelenwaermer nachgedacht, den mehr oder weniger entworfen und bin nun fleissig am Swatchen. Doch letzte Nacht, die erste in Quito wieder, hatte ich den vollen Strickalbtraum. Ich war in einem Laden und sie hatten nur Acryl! Das einzige Knaeuel Seide kostete 50 Franken und war voll klein. LOL!! Dann war da noch ein kleiner schmollender Junge, der fuer die Schule eine Arbeit uebers Stricken schreiben musste. Ich gab ihm meine Blogadresse und sagte, er soll dann einfach bei den Leserinnen vorbeischauen, die haetten alle ganz tolle Blogs, da erfahre er alles uebers Stricken. BRUELL!! Seine Mutter hatte vielmehr Freude als er. Jetzt echt, was fuer Traeume sind das denn? Ich habe deshalb heute morgen sofort mit den Vorbereitungen fuer die Weste angefangen. Meine Diagnose: Strickentzug!

Dienstag, 4. Mai 2010

Die Strickszene Quitos

Wir waren auf der Suche nach dem angesagten Frühstückslokal Fruteria Montserrate, und wir fanden (für mich) noch Nahrung ganz anderer Art: den Strickladen im Teatro Bolívar (oberes Bild)! Erst wollte ich aus zwei Gründen nicht reingehen: Ich hatte keinen Centavo auf mir und die Auslage schien mir verdächtig polyestrig. Naja, ist sie auch. Das stellte ich fest, als ich (natürlich) trotzdem reinging. Drinnen war dann noch etwas mehr und bessere Auswahl vorzufinden, aber vorallem ein Gewusel von Frauen, die gemeinsam Materialien aussuchten, Modelle anprobierten oder auf einem Stuhl mühe- und liebevoll eine neue Technik ausprobierten. Häklerinnen suchten Rat für die Hüttenfinken in Arbeit, andere warteten auf die Bedienung und arbeiteten dabei an ihren Projekten. Und ständig kamen mehr lachende Frauen zur Tür herein. (Natürlich kann der Andrang auch daran liegen, dass unter den Verkäuferinnen auch ein junger Mann auszumachen ist. Aber das ist jetzt pure Unterstellung, natürlich mit einem Augenzwinkern.) Unter all dem Acryl, Polyester und anderem Lacegarn gabs wie erwartet keine Schaf- oder Lamawolle, aber wenigstens Alpaca. Diesmal für mich in violett, denn ich habe aus Puno Perú noch ein Senfgelb, mal sehen, wie das zusammenaussieht... Auch sonst ist die Szene hier am Kochen: In gewissen Strassen reiht sich ein Wollladen an den anderen - das untere Bild ist ein zufälliger Schnappschuss (habe natürlich gefragt).

Auf meiner Reise habe ich bisher verschiedene Strickwelten angetroffen. In Südchile und -argentinien (Feuerland, Patagonien) war Stricken eine eher kunstfaserige Angelegenheit, das junge Publikum schien nicht sehr zahlreich vertreten, die Projekte machten mir eher einen konservativen Eindruck. Was selbstverständlich weder wertend gemeint noch eine vollständige Beobachtung ist. Die meisten strickten links, also wie man es in den Schweizer Schulen lernt, sogenannt German oder Continental. (Apropos Kontinent: Witzig, dass der nordeuropäische Stil in auch Amerika continental heisst, unser Kontinent ist verglichen mit den Amerikas ja nur eine kleine schwächliche Halbinsel vor Russland, höhö.) Das attraktivste Garn: grobe, handgesponnene Schafwolle, in knalligen Färbungen. Wird pro Gramm verkauft, sehr praktisch.

Die Insel Chiloé vor Puerto Montt, Chile, hat eine eigene Stricktradition. Hier werden Schafwollpullis hergestellt, die an Irland erinnern. Man kann ebenfalls dicke Schafwolle in allen Farben kaufen, dazu gibt es Nadeln so dick wie Besenstiele. Die dünnsten, die ich gefunden habe, habe ich gekauft. Sie passen in meiner Nadelmesskarte nicht durch das grösste Loch, haben also mehr als einen Zentimeter Durchmesser. Ich versuche nun damit einen Baktus mit Blattmuster zu stricken (siehe oben). Die Frauen strickten fast allesamt links, häufig lockermaschige Schals (klar, bei den Nadeln).

In den Anden habe ich auf einer Insel strickende Männer mit eigener Technik gefunden (siehe Eintrag unten) und ansonsten Frauen, die erheblich häufiger rechts stricken (spanisches Erbe?). Man sieht so gut wie nie jemanden an den zahlreichen Alpaca- und Acryl(!)-Pullis arbeiten, die in allen Ländern in den gleichen Designs verschleudert werden. Ich glaube langsam, das Zeug kommt aus einer einzigen Fabrik, die hoffentlich wenigstens in Südamerika steht. Die meisten stricken Mützen, Umhänge, Schals und so weiter. Coolstes Garn: Alpaca natürlich! Aber es wird nicht so oft angeboten. Ich habe gekauft, indem ich strickende Frauen angesprochen haben. Die haben mir dann aus ihrem Stash verkauft, selber haben sie die nötigen Kontakte für Nachschub. Wo kommt nur all die Wolle hin? (In die besagte Fabrik wahrscheinlich, und in den Export.) Viel Material, besonders die leuchtenden Farben, wurden mit Acrylgarnen ersetzt. Und Lamawolle, obwohl bei weitem nicht von schlechter Qualität, wird so gut wie nie verkauft. Anbei noch ein Beispiel einer Technik, di man im Hochland Chiles, Boliviens und Perús öfters findet: Ein unifarbiges Projekt wird mit Bommeln in Farbe aufgemotzt. Das werde ich demnächst ausprobieren - aber wohl mal nur mit ein, zwei Kontrastfarben...

Somit wird auch Ecuador verschiedene Szenen haben: Die fröhlichen Quiteñas, die mehr als Hobby stricken, treffen sich im Teatro Bolívar und suchen trendige Muster, in den Hügeln und Bergen gelten wohl die üblichen Andentraditionen, und an der warmen Küste wird vermutlich weniger gestrickt, könnte ich mir vorstellen.

Demnächst in diesem Theater: Details zum Inkastyle-Weben.

Montag, 3. Mai 2010

Weben Inka-Style


Hier in Cusco (oder Cuzco, oder, auf Quechua, Qosqo) bieten zahlreiche Frauen ihre wunderschönen Gürtel an. Je nach Arbeitsaufwand kosten diese Webstücke 10 bis 40 Soles, also rund 4 bis 16 Franken. Die Arbeitszeit beträgt zwischen einem Tag und einem Monat, soviel man mir erklärt hat. Einige sind sehr vielfarbig, andere haben komplizierte Muster, wieder andere sind uni gewoben und mit grossen bunten Blumen bestickt, zum Teil mit Perlen. Ich gebe es zu: Als ich bei der ersten Frau am Verhandeln war, konnte ich mir nicht so recht vorstellen, dass sie den ganzen Berg Gürtel selber angefertigt hatte. Sie zeigte mir aber sofort, wie man das macht. Und als ich mich sehr interessiert zeigte, meinte sie, ich solle am nächsten Tag herkommen, sie könne mir zeigen, wie das geht. Das kann man sich ja nicht entgehen lassen! Also trafen wir uns mehr oder weniger zum vereinbarten Zeitpunkt (wir sind ja noch immer in Perú, also kann 11 Uhr auch mal 12 heissen), und Juana entpuppte sich als äusserst geduldige Lehrerin. Was soll ich sagen: Das ist richtig anstrengend, und für ein Stück zu 10 Soles, an dem eine geübte Weberin vielleicht einen Tag arbeitet, ist nicht überbezahlt. Die Sache ist nämlich unter anderem die: Das Webprojekt wird mit einem Band oder einer Schnur um den Bauch befestigt, und da man immer schön Spannung geben muss, drückt das nach etwa zwei Stunden ganz schön auf den Rücken. Dann bückt man sich ständig über die Arbeit, man kann sie ja nicht beliebig anheben. Und wie bei allen Tätigkeiten, die am Boden verübt werden, ist die Position für uns Sesselhocker recht gewöhnungsbedürftig. So war ich recht froh, dass ich beim Handeln nicht zu billig reingegangen bin. Die Frauen verkaufen ihre Textilien übrigens auch nicht einfach zu jedem Preis. Und Recht haben sie!
 Beim Ueben habe ich dann schon ziemlich abgelost. Juanas Mutter Placida hat mir dann noch eine Nachhilfelektion erteilt. Darueber mehr, wenn ich wieder fitter bin... Habe eine Hoellenreise hinter mir, unser Flieger konnte in Quito nicht landen und musste nach Kolumbien ausweichen, wo wir eigentlich nicht eben hinwollten. (Aber jetzt sind wir in Ecuador angekommen.)