Freitag, 3. Mai 2013

Get it on! Selber designen: Die Sache mit der Partie

Eben, diese Pingeligkeit mit der Partie. Das hat seinen Grund.
Wenn Wolle gefärbt wird, dann erhält sie eine bestimmte Farbe. (Ja, was, echt? - Ja, echt. Psst, ich rede.) Diese ganz bestimmte Farbe hat einen Namen oder eine Nummer oder beides, und jetzt sagen wir mal, ich hätte eine Firma und täte Wolle färben, und die Farbe wäre Himmelblau und die Nummer so etwas in der Art: #CW4440000012. Und du würdest jetzt bei mir Wolle kaufen für einen himmelblauen Pulli.

Dann nehme ich also den Bottich raus und rühre Himmelblau an und gebe dafür alle Zutaten zu, die ich für die Farbe #CW4440000012 benötige. Und dann tunke ich die Wolle. Und irgendwann ist der Bottich leer und ich muss die Farbe wieder anrühren. Dann tunke ich wieder Wolle ein. 

Jetzt ist ja aber kein Tag, nicht mal ein Moment wie der andere, und so kann es sein, dass ich an einem Tag die Wolle minim früher raushole oder sie zu lange drinlasse, weil ich noch an meinem Blog geschrieben habe. Oder aber das Gebräu hat nicht genau die gleiche Temperatur, oder die Schwalben flogen tief, was weiss ich: Auf jeden Fall sieht das Garn dann zwar genauso himmelblau aus wie das vom Vortag, oder das vom Bottich von vor einer Stunde, aber Fakt ist: es ist nicht genau gleich himmelblau.

Deshalb würde ich wie alle verantwortungsvolle Färbereien auf der Etikette vermerken, aus welchem Bottich und aus welchem Färbegang ein Knäuel stammt. Denn nur diese sind genau gleich. Hier sieht man das: Die Ziffer 28 auf dieser Etikettte steht für all diese Informationen. Wann genau wurde das Garn wo gefärbt? Und nur das Garn, das genau gleichzeitig im gleichen Bottich lag, hat diese Ziffer erhalten. Also eben alle von der gleichen Partie (engl. dye lot).

Die Sache ist die: Diese ganz minimen Unterschiede, die sich von Partie zu Partie ergeben, sind oft im Gestell noch nicht sichtbar, schon gar nicht von blossem Auge. Kaum ist aber die Wolle gestrickt, gehäkelt oder gewoben, kann man auf der Fläche den Farbverlauf sehen. Und selbst, wenn man sie dann noch nicht sieht, kann einen nach dem ersten Mal Waschen eine böse Überraschung erwarten.

Wie kann man dieses Ungemach umgehen?

Ganz einfach. Man kauft genügend Garn aus einer Partie. (Wirklich, das ist die einfachste Methode. Deshalb hier nochmal: Man kauft genügend Garn aus einer Partie.) Genügend heisst, im Zweifelsfall ein Knäuel mehr, viele Geschäfte nehmen in einem gewissen Zeitraum ungebrauchte Knäuel mit Quittung zurück. Und auch sonst gibt es Möglichkeiten, damit fertig zu werden (etwa hier oder hier und in weiteren 32078 Büchern). Das ist deshalb wichtig, weil man ja nicht damit rechnen kann, dass die Knäuel aus dieser Partie jahrelang erhältlich sein werden. Und dann strickt man monatelang an einem Projekt und hoppla...

Ok, gut, du hast entweder nicht auf mich hören wollen (Man! kaufe! genügend! Wolle! aus! einer! Partie!!), oder es gab gar nie genügend, oder, oh Graus, es hat dann wider Erwarten doch nicht gereicht (was nicht passiert wäre, wenn du auf mich ... okok, ich höre auf damit. Für diesmal).

Also. Du hast gestrickt und bist schon ordentlich weit, und jetzt fehlt dir Garn aus der gleichen Partie. Was kannst du tun?

1. Tobsucht, Wut, Tränen, Projekt anzünden
1. Cool bleiben. Der Umstand, dass du die Wolle nicht hast, heisst nicht, dass sie sonst niemand hat! Telefoniere ein paar Garngeschäfte ab, suche im Internet, melde dich vielleicht beim Hersteller. Shit happens, miracles happen, too!
2. Kein Glück gehabt? Dann gilt immer noch: cool bleiben. Wir suchen das nächstbeste Ding. Das wäre dann die gleiche Farbe des gleichen Materials vom gleichen Hersteller. Das würde ich bevorzugt im Laden tun, nicht im Internet, denn hier kann man wenigstens noch von Auge ein bisschen vergleichen versuchen. Und sonst halt aus dem Internet. (An dieser Stelle könntest du ja dann darauf achten, dass du wenigstens von dieser zweiten Partie genügend Knäuel hast ;) )
Jetzt ist der Trick folgender: Sieh zu, dass du von deiner ersten Partie möglichst noch etwas hast (vielleicht musst du ein paar Reihen öffnen, je nach dem wie viel dir fehlt. Nun strickst du die Runden/Reihen abwechslungsweise mit Garn aus dieser und dann wieder aus jener Partie. So wird der Farbverlauf von blossem Auge fast unsichtbar. Allerdings kann sich ein leichter visueller Effekt ergeben, aber es ist nie so krass, wie wenn man einfach ein einziges Mal die Partien wechselt und weiterstrickt.
3. Es fehlt viel zu viel für diesen Trick? Oder es gibt die Farbe, das Material, die Firma gar nicht mehr? Schön blöd! Aber kein Grund zum Heulen und Zähenknirschen. Denn: Jetzt kommt der Trick mit der Kontrastfarbe. Warum die Ärmel nicht ab der Mitte in einem silbernen Glitzergarn stricken? Warum nicht die Borte in weisser Puschelwolle? Oder du strickst den Rollkragen im Ringelmuster. Da ergeben sich ganz neue Möglichkeiten.
4. Das k*tzt dich aber alles an? Nichts geht? Dann ändere doch das Projekt ab. Statt des Rollkragens gibts nen V-Ausschnitt, statt langen Ärmeln nur kurze oder drei Viertel, statt einem Mantel machst du ein Bolero-Jäckchen. Die Handschuhe Fingerlos, die Socken Stulpen, na bitte, keiner wird je erfahren, dass das ursprünglich ganz anders geplant hast. :D

Und künftig, was machst du künftig? Du kaufst ...

                               

                           ...immer genügend Garn aus einer Partie, richtig! Das will heissen...



                                                                          ....im Zweifelsfall ein Knäuel mehr, jawohl.



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